image1 image2 image3

Mit Flaschenbürsten gegen Kerzenruß, Staub und Weihrauch von 30 Jahren

Ein Orgelbauer aus dem Allgäu bringt eine Orgel im Vatikan wieder zum Klingen. Das Instrument in der Kirche Santa Maria della Pietà ist 30 Jahre lang nicht gespielt worden.

Drei bis vier Wochen wird es dauern, die Pfeifen von Staub, Kerzenruß und Weihrauch zu befreien.

"Ich hätte nie für möglich gehalten, jemals im Vatikan zu arbeiten", sagt Orgelbauer Alfons Zeilhuber. "Der Standort ist einfach sensationell." Für die nächsten drei bis vier Wochen tauscht der 40-Jährige seine Werkstatt in Sonthofen mit der Kirche Santa Maria della Pietà auf dem Campo Santo im Vatikan, wo er eine rund 30 Jahre alte Orgel wieder zum Klingen bringen soll. Den Auftrag vermittelt hat ihm ein Kölner Sachverständiger, zu dem der Orgelbauer bislang eigentlich nur einen losen Kontakt pflegte: "Der hat auf einem unserer Instrumente mal ein Konzert gespielt", beschreibt Zeilhuber die bisherigen Geschäftsbeziehungen. Vier Tage nach dessen Empfehlung hatte er dann die Zusage für den Auftrag in der Tasche.

Begleitet von Mitarbeiter Klaus Nowak und mit Stimmhörnern, Stimmeisen, Labienhebern, Zangen, Hämmern, Schraubendrehern und Stimmwerkzeugen aller Art ausgerüstet, geht es nun daran, die Orgel zu überholen. "Die ist seit 30 Jahren ungepflegt", sagt Zeilhuber. Und: "Stellen Sie sich vor, Sie lassen eine Schachtel in einer Zimmerecke 30 Jahre lang einstauben - dann wissen sie, was für Dreck bei einer Orgel anfällt."

Um die klebrige Schicht aus Kerzenruß, Weihrauch und Staub zu entfernen, müssen sich die Experten ins Zeug legen. Die Orgel wird zuerst zerlegt, dann werden alle Pfeifen ausgebaut. Das ist eine ganz schöne Rumschlepperei. Die kleinen Pfeifen nehmen erst einmal ein Bad in einer Baby-Badewanne. "Wegen der länglichen Form", begründet Zeilhuber die Wahl des Arbeitsmittels. Sind die letzten Spuren der Seifenlauge getrocknet, geht es daran, die Zinnpfeifen wieder in Form zu bringen. "Zinn ist ein ganz weiches Material, das geht mit den Fingern. Die verbogenen Füße der großen Pfeifen auszubeulen, gleicht dagegen fast schon ein bissl der Autoklempnerei. " Gewaschen wird bei ihnen nur der so genannte Mund. Dem übrigen Schmutz rücken Zeilhuber und sein Kollege mit einer Art Flaschenbürste mit 16 Zentimetern Durchmesser zu Leibe.

Den größten Teil der Arbeit macht die klangliche Feinabstimmung aus. Die Orgel stammt aus den 70er Jahren und klingt etwas grell. "Wir werden die Klangfarbe abrunden", sagt Zeilhuber. "Dazu werden die Mundstücke höher ausgeschnitten, die Register leiser eingestellt, die Windzufuhr gedrosselt." Auf eine Audienz beim Heiligen Vater zu hoffen, hält Zeilhuber für vermessen. "Ich glaube nicht, dass der Papst auf einen kleinen Orgelbauer aus dem Allgäu wartet." Zumindest bei der Orgel der Kirche Santa Maria della Pietà jedoch ist genau das aber der Fall.

(Quelle: Ursula Quass)